Gestern fand laut einem Protokoll
der EU-Ratsarbeitsgruppe “Terrorismus” in Den Haag eine
Polizeikonferenz zu “Anarchismus” statt. Das Treffen wurde von der
europäischen Polizeiagentur EUROPOL organisiert.
Anlass war ein zweitägiges Treffen jener 20 EU-Mitgliedstaaten, die sich an der Europol-Datensammlung namens “Dolphin” zu “Terrorismus” und “Extremismus” in der EU beteiligen. Etwas mehr Hintergrund erläuterte hierzu kürzlich das Bundesinnenministerium.
Ein Extra-Treffen widmete sich militanten linken Bewegungen: Neben
Inputs über Aktivitäten der italienischen “Federazione Anarchica
Informale” (F.A.I.) standen auch Aktivitäten gegen “Schienennetzwerke“
und das “No Border-Netzwerk“ auf der Agenda.
Wegen der Konferenz in Holland (übrigens am italienischen Jahrestag
des Sieges der Partisanen über den Faschismus) organisierte die Gruppe “Out of Control Berlin”eine Demonstration in Berlin. Auch in Den Haag vor dem brandeuen, riesigen Hauptquartier von Europol wurde eine öffentliche Kundgebung abgehalten. Europol will zunehmend operative Kompetenzen erhalten. Mehr dazu im sogenannten “Europol Review”. Die Polizeiagentur hat gestern anlässlich des Treffens der “Dolphin”-Datei gestern den neuen jährlichen “Trend Report” zu Terrorismus und Extremismus veröffentlicht.
Die Lektüre gibt neue Hinweise zu den Inhalten des gestrigen Treffens: Dort
wird weiter gegen die beschriebenen Bewegungen gehetzt. Im Bericht
heisst es zur F.A.I.: “In 2011, left-wing terrorist groups claimed
responsibility for attacks in which explosives were sent in letters,
targeting several public and private institutions and companies in
France, Greece, Germany, Italy and Switzerland”.
In den letzten Jahren werden die Proteste gegen sinnlose Großprojekte
wie Flughäfen, Hochgeschwindigkeitszüge zunehmend größer. Dies ist
Europol ein Dorn im Auge: “In 2011, anarchists joined the ranks of
protesters in France and Italy during demonstrations against the
construction of the future airport of Notre Dame des Landes in Nantes,
and the high-speed railway line linking France and Italy in Val di
Susa”.
Zum Widerstand gegen “Schienennetzwerken” wird geschrieben, dass es
sich auch um Anschläge in Brandenburg handelte: “Several improvised
incendiary devices (IIDs) were used in a coordinated action to target
railway infrastructures in Germany in October 2011″.
Dazu hatte die Bundesregierung bereits mitgeteilt, dass “im
Zusammenhang mit den Brandanschlägen auf die Deutsche Bahn ab dem 10.
Oktober 2011 im Raum Berlin und Brandenburg” (es grüßen isländische
Vulkane) eine Funkzellenabfrage vorgenommen wurde.
Derartige Aktionen nehmen anscheinend zu: “Throughout 2011,
left-wing/anarchist extremiststargeted rail facilities in Germany, Italy
and Finland. Between 10 and 13 October 2011, a total of 18 improvised
incendiary devices were discovered at nine railway locations in Germany.
The attacks were claimed by a previously unknown group”.
Die Cops haben Sorge, dass sich Solidarität und das Wissen um die
Herstellung der Brandsätze grenzüberschreitend verbreitet: “The group
justified the placement of the devices as a direct response to German
military deployment in Afghanistan and the fact that the German railway
system provides logistical support for the German army”.
Auch zur zunehmenden Beobachtung des “No Border”-Netzwerks liefert
der Bericht Neues: Demnach sei vor allem in Holland, übrigens dem Sitz
Europols, eine Zunahme zu beobachten: “The number of incidents related
to the so-called “No Border” campaign is relatively high in comparison
to other ideological themes of left-wing/anarchist activism in the
Netherlands”.
Hausbesuche bei Verantwortlichen von internationalen Firmen gefallen
Europol und den Polizeien der Mitgliedstaaten gar nicht: “A significant
incident in the Netherlands was a home visit – a tactic frequently used
by violent animal rights extremists – damaging the house of the CEO of a
construction company.
Laut Europol seien die “Extremisten” mehrheitlich jung und
“idealistisch”. Dies sei auch der Grund dafür, dass zunehmend “violent
left-wing and violent environmental extremist groups” miteinander
kooperieren würden. Das soll zunehmen: Im Ausblick folgert Europol, “the
increasing sensitivity in society to environmental issues may lead to
an increase in violent actions by single-issue violent extremist
groups”.
Auch im Bereich der Migrationsolidarität wird derart vorgegangen:
“Companies involved in the construction of detention centres for asylum
seekers or prisons are preferred targets of anarchist extremists.
Confrontations between anti-fascist groups and their right-wing
opponents have hardened and become increasingly violent in recent
years”.
Weiter heisst es zur Repression: “A total of 42 persons were arrested
in 2011 for left-wingand anarchist terrorist offences in 5 EU Member
States: Denmark, Germany, Greece, Italy and Spain. As in 2010, when 34
arrested suspects were reported, most of the arrests occurred in Greece,
Italy and Spain”.
Die aufgezählten Länder sind identisch mit jenen, die der BKA-Chef Jörg Ziercke letztes Jahr als Hauptaktionsgebiet sogenannter “Euro-Anarchisten”
bezeichnete: Diese “Europäisierung der Anarchoszene” vollziehe sich
insbesondere in Griechenland, Spanien, Großbritannien, Frankreich,
Dänemark und Deutschland. Besonders interessant: Eigentlich sollte
Ziercke erklären, weshalb deutsche Cops vermehrt Spitzel mit anderen
EU-Mitgliedstaaten tauschen. Konkret ging es in der Ausschusssitzung um
den britischen Ex-Cop Mark Kennedy.
Laut Ziercke müssten Polizeien zukünftig “international und
konspirativ” agieren. Die Spitzel würden deshalb gegen
“Euro-Anarchisten, militante Linksextremisten und -terroristen” in
Stellung gebracht.
So schließt sich der Kreis: Erstmals eingeführt wurde das Gespenst
von “Euro-Anarchisten” als “Kartell europäischer Anarchistengruppen” vom
damaligen italienischen Innenminister Guiseppe Pisanu 2003 zur
Bezeichnung der “Federazione Anarchica Informale” (F.A.I.). Dass Europol
sich jetzt der F.A.I. widmet, dürfte auch aus einer persönlichen
Feindschaft erklärlich sein: Neben der EZB hatte auch Europol vor fast
10 Jahren ein explosives Päckchen erhalten.
Source: https://linksunten.indymedia.org/de/node/59075
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